Wer einmal in Schleswig-Holstein Urlaub macht, der sollte einen Besuch im Schloss Gottorf, in Schleswig einplanen und den dortigen Riesenglobus besichtigen.
Während meines Urlaubes ergab sich der Besuch eher durch einen glücklichen Zufall. Nicht weit von Schleswig liegt das Museumsdorf Haithabu. Hier hat man einen kleinen Teil der ehemaligen, von den dänischen Wikingern gegründeten Handelsstadt Haithabu oder Haddeby/Hedeby rekonstruiert und zeigt das Leben der Wikinger in der von etwa 800 bis 1100 n.Chr. bestehenden Stadt.
Haithabu wird von der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen mit Sitz im Schloss Gottorf in Schleswig betrieben. So fand ich ein Prospekt einer Sonderausstellung im Schloss Gottorf in dem, als eine der Attraktionen, der Riesenglobus von Gottorf erwähnt wurde.
Im Mai 2005 wurde am historischen Ort, im Globusgarten, ein neues Globushaus mit einer Rekonstruktion des alten Riesenglobus eröffnet.
Der Gottorfer Riesenglobus wurde von Herzog Friedrich III. von Schleswig-Hollstein-Gottorf 1650 in Auftrag gegeben, von Adam Olearius konstruiert und vom Limburger Büchsenmacher Adam Bösch ausgeführt. Von Anfang an war geplant, den Riesenglobus in einem Globushaus im Neuwerkgarten unterzubringen. Die Fertigstellung des Globus im Jahre 1664 erlebte Herzog Friedrich III. nicht mehr. Das Projekt wurde von seinem Sohn und Nachfolger Herzog Christian Albrecht fertiggestellt.
Nach dem Großen Nordischen Krieg kam der Gottorfer Globus, quasi als Kriegsbeute Zar Peters I., nach Russland, dort nach Sankt Petersburg. 1747 wurde der Globus bei einem Brand in der Sankt Petersburger Kunstkammer schwer beschädigt.
Der Riesenglobus war für die damalige Zeit etwas einmaliges. Vereinte es doch künstlerisches Geschickt, technisches und naturwissenschaftliches Wissen miteinander. Man kann ihn als Vorläufer der heutigen Planetarien bezeichnen. Er diente in gewissem Sinne auch der Bildung, also der astronomischen Volksbildung. Wobei der Besuch des Globus den Gäste des Herzogs vorbehalten war. Der gut 3 Meter durchmessende Globus zeigte außen die damals bekannte Welt und das begehbare Innere zeigte den Sternenhimmel mit den Sternen, den Sternbildern und der Sonne. Der mit Wasserkraft betriebene Antrieb ließ den Globus einmal pro Tag um seine Achse drehen. Bei Bedarf konnte man mit einer Handkurbel die Drehgeschwindigkeit erhöhen. Das alte Globushaus verfügte über eine Plattform, von der aus man den Sternenhimmel beobachten konnte. So war es möglich sich im Globus den aktuellen Sternenhimmel zeigen zu lassen und mit den Anblick am Nachthimmel zu vergleichen. Die jahreszeitliche Sichtbarkeit der Sternbilder konnte mit der an der Ekliptik beweglichen Sonne verdeutlicht werden. Außen konnte man ebenfalls die Stellung der Sonne am Globus zeigen und so die Jahreszeiten erklären.
Vom Gottdorfer Schloss aus erreicht man in wenigen Minuten den Barokgarten oder Neuwerkgarten mit dem modern gestalteten Globushaus, in dem der rekonstruierte Riesenglobus steht. In der Mitte der Gebäudefassade erkennt man die stilisierte Erdachse, die sich schräg durch das Gebäude bis zur Dachterrasse zieht und die Globusachse miteinbezieht.
Auffallend ist der Teich unterhalb des Hauses, den ein Brunnen mit der mythologischen Figur des griechischen Helden Herkules ziert, der im Kampf gegen die Hydra dargestellt ist. Mit hoch erhobener Keule steht Herkules da und wehrt sich gegen die Hydra aus deren Köpfe Wasserstrahlen hervorschießen.
Die Hauptachse des Globushauses, wie auch die Drehachse des Globus ist nach dem Polarstern ausgerichtet. Zwei Metallkugeln am Ende des Blitzableiters symbolisieren Erde und Mond.
Die Rekonstruktion des Riesenglobus folgt im wesentlichen den Vorgaben das alten Globus. Man sieht die Erde, wie sie in der Mitte des 17. Jahrhunderts bekannt war. Auch die Darstellung der Sternbilder entspricht dem Original. Lediglich Antrieb und Beleuchtung sind modern.
Auf dem Globus sind neben Nullmeridian und Äquator auch astronomisch wichtige Orientierungslinien, wie die Ekliptik und der nördliche und südliche Wendekreis dargestellt. Künstlerische Freiheit nahm man sich bei der Verbildlichung der Vorstellungen über fremde Länder, deren Tiere und Menschen.
Das Innere des Globus betritt man durch eine kleine Tür. Etwa 10 Personen finden auf einer Holzbank Platz und können den Sternenhimmel in richtiger Darstellung betrachtet. Die Sterne sind durch silberne oder goldene Metallstifte markiert. Die Positionen der Gestirne wurden den von Tycho Brahe und Johannes Kepler erstellten Rudolfinischen Tafeln entnommen. Neben den Sternen werden, zur besseren Orientierung und Vorstellung auch die figürliche Darstellung der Sternbilder gezeigt. Es sind alle Sternbilder der nördlichen und südlichen Himmelshemisphäre dargestellt, soweit man sie im 17. Jahrhundert kannte.
Neben den Himmelspolen und dem Himmelsäquator zur Orientierung, ist ebenfalls die Lage der Ekliptik angegeben. Das eingezeichnete Gradnetz ist auf die Ekliptik bezogen. Wie schon das historische Vorbild lässt sich die Bewegung des Globus beschleunigen. Man muss also keine 24 Stunden in dem Globus verbringen um einen Tag zu erleben, heute ist es möglich eine vollständige Umdrehung in 8 Minuten zu nachzuvollziehen. Es ist ein unglaubliches Erlebnis in diesem kleinen frühen Planetarium zu sitzen und den Lauf der Gestirne zu verfolgen und die wundervolle Darstellung der Sternbilder zu betrachten.
Von der Dachterrasse aus hat man einen schönen Überblick über den Barockgarten, der stufenförmig angelegt ist.
Abrunden kann man den Besuch mit einem Spaziergang im Barockgarten.
Es ist schon faszinierend zu sehen, mit welcher Kreativität und welchem Erfindungsreichtum man in früheren Jahrhunderten komplexe, astronomische Sachverhalte, die uns ganz selbstverständlich sind, technisch und künstlerisch umgesetzt hat. So ist der Riesenglobus nicht allein ein Lehrmittel, sondern auch ein Schmuckstück, das auf seine ganz eigene Weise die Faszination der Astronomie ausdrückt, wie man sie die damals empfunden hat.
Der Besuch des Gottdorfer Riesenglobus kann ich jedem Sternfreund wärmstens empfehlen.
Mehr Bilder vom Gottorfer Riesenglobus.
Links:
Gottorfer Globus.
Literatur:
Der neue Gottorfer Globus, Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf.
Modelle von Erde und Raum, Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf.
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