Seit den späten 1970’er Jahren interessiere ich mich für Astronomie und habe damals schon mit einem Teleskop, einem kleinen Linsenfernrohr beobachtet. In den frühen 1980’er Jahren kam dazu ein Newtonspiegel dazu. Seitdem haben sich bei mir einige Teleskope angesammelt. Teilweise habe ich diese gekauft, teilweise sind es Teleskope, die mir von ehemaligen Kursteilnehmern überlassen wurden, teilweise auch von Menschen, die diese Teleskope von Angehörigen bekommen haben und selbst nicht viel damit anzufangen wussten. Darunter sind kleine Schätze, nicht gerade von materiellem Wert sondern mehr vom ideellen Wert, da sie auch ganz gut die Geschichte der Amateurteleskope der letzten Jahrzehnte abbilden.
Diese Teleskope möchte ich in einer kleinen Serie nach und nach vorstellen.
Der Kosmos Refraktor D 54
Beginnen möchte ich die Reihe mit dem ältesten Teleskop in meiner Sammlung, dass als letztes zu mir fand.
Es handelt sich dabei um einen Refraktor, den es vor allem in den 1960’er Jahren bei Kosmos zu erwerben gab. In den 1950’er Jahren bis in die 1980’er hinein vertrieb der Kosmos Verlag in Stuttgart neben Büchern und weiterem auch Teleskope, die in den frühen Jahren sogar von Kosmos hergestellt wurden. Ein solches ist der Kosmos D 54 Refraktor, der erstmals 1958 auf den Markt kam. Das Teleskop hat eine Öffnung von 54 mm und eine Brennweite von 1000 mm. Das Objektiv besteht aus zwei Linsen, ist also ein achromatisches Doppelobjektiv.
Teleskopdaten
Öffnung: 54 mm
Brennweite: 1000 mm
Öffnungsverhältnis: f/19
Lichtsammelvermögen: 60 fach
Grenzgröße: 11,3 mag
Auflösung: 2,56 Bogensekunden
Ursprünglich gab es zu dem Teleskop ein Tischstativ. Allerdings sitzt dieser Refraktor auf einer parallaktischen Montierung und ein Holzstativ. Montierung und Stativ sehen sehr nach einen Selbstbau aus, was sie in der Tat auch. Eine Anleitung zu dem Bau des Stativs und der Montierung findet sich in dem Buch “practical Astronomy” des englischen Amateurastronoms und Autors Wolfgang Schroeder. Die deutsche Erstausgabe erschien 1958 im Kosmos Verlag unter dem Titel “praktische Astronomie für Sternfreunde”. Spannender Weise ist es eines der Bücher, die uns 1983 der damalige Kursleiter meines ersten VHS Einsteigerkurses in die Astronomie, Joachim Labudde, in seiner Literaturliste empfohlen hat.
Unserem Astroclub, der AG Orion Bad Homburg wurde das Gerät angeboten. Da hier kein wirkliches Interesse bestand und auch die Lagerung bis zur Fertigstellung der Volkssternwarte Hochtaunus sich als schwierig erwies, kam das Gerät zu mir.
Ich gebe zu, als ich die Bilder von dem Gerät sah, kam mir gleich das Bild von Wolfgang Schroeder vor seinem Selbstbauteleskop aus oben genannten Buch in den Sinn.
Die Anleitung in dem Buch erklärt sehr schön, wie man ein Stativ und eine gut funktionierende parallaktische Montierung aus Holz bauen kann. Selbstbau war in den 1950’ern, 1960’ern und 1970’ern bei Amateurastronomen angesagt, da auch kleine Teleskope zumeist unerschwinglich waren.
Zunächst glaubte ich, auch der Refraktor sei ein Selbstbau nach Angaben von Schroeder. Durch einen Hinweis von Joachim Labudde kam ich darauf, dass es sich um ein Teleskop aus dem Hause handeln müsse. Darauf hin ich fand in meinen Unterlagen einen alten Katalog von Kosmos und erkannte den D 54 Refraktor.
Bei der Übergabe des Gerätes erzählte mir die Besitzerin von vielen gemeinsamen Beobachtungen mit ihrem Großvater, dem das Gerät gehörte. Dieser hat das Gerät sehr liebevoll gepflegt und wohl auch Stativ und Montierung gebaut, dazu aber auch noch ein paar andere Dinge.
Glücklicherweise waren auch einige Okulare bei dem Refraktor, denn diese Refraktoren hatten damals einen Steckadapter in dem man die Okulare einsteckte. Der Außendurchmesser der Okulare beträgt 31 mm ist damit also kleiner als die heute weit verbreiteten Okulare mit 31,8 mm oder 1,25 Zoll Durchmesser. Es sind drei Mittenzwey Okulare mit Brennweiten von 50 mm, 15 mm und 9 mm. Somit sind Vergrößerungsstufen von 20 fach, 67 fach und 111 fach. Damit ist die Leistungsfähigkeit des Teleskops gut ausgeschöpft. Zu den Okularen waren von ein 45° Umlenkspiegel und ein 90° Umlenkprisma dabei, die wieder Selbstbauten sind. Ebenfalls ein Selbstbau ist ein variabler Polarisationsfilter für die Mondbeobachtung.
Ein passendes Messokular hatte ich noch in meinem Bestand, das nun mit dem Refraktor zum Einsatz kommt.
Ein weiterer kleiner Glücksfall ist, das ein älterer Sonnenprojektionsschirm an den Okularauszug des Refraktors passt und somit sichere Sonnenbeobachtung möglich ist.
Auch wenn die optischen Daten des Refraktors den eingefleischten Amateurastronom heute nicht mehr vom Hocker reißen, so ist für mich das Teleskop doch ein kleines Schätzchen, das ich für einfache Beobachtungen und den Publikumsverkehr einzusetzen gedenke. Es eignet sich sehr gut für Mondbeobachtung, für Sonnenbeobachtung und für die Planetenbeobachtung. Die Venus kann sehr schön in ihrer Phasengestalt beobachten. Mars, Jupiter und Saturn sollten ebenfalls eindrucksvoll zu beobachten sein. Eine Beobachtung dieser Objekte steht noch aus.
Auf alle Fälle ist dieses an die 60 Jahre altes Teleskop ein schönes Stück aus der Geschichte amateurastronomischen Teleskope der vergangenen Jahrzehnte.
An dieser Stelle möchte ich der Spenderin nochmals meinen herzlichen Dank für dieses schöne Teleskop aussprechen.