Im Technik-Museum in Speyer berichtete ESA-Astronaut Alexander Gerst über seine Forschungsmission Blue Dot. Viele hundert Raumfahrtfans, darunter viele Kinder und Jugendliche, waren am Samstag, 24.04.2015 nach Speyer, gekommen um von seinen Erlebnissen im Weltraum zu hören.
Alexander Gerst ist der 11. deutsche Astronaut, der in den erdnahen Weltraum flog und nach Thomas Reiter der dritte deutsche Astronaut und zweite deutsche Langzeitastronaut auf der Internationalen Raumstation ISS. Gerst berichtete mit zahlreichen Bildern und witzigen Anekdoten von seiner Mission Blue Dot und ließ die Zuhörer an seinen Erlebnissen Anteil haben.
Am 28. Mai 2015 flog Alexander Gerst und seine beiden Kollegen Maxim Surajev und Reid Wiseman von russischen Kosmodrom Baikonur in Kasachstan aus zur ISS, die sie nach etwa 6 Stunden Flugzeit erreichten. Bis zum 10. November 2015 dauerte die Mission Gersts.
Den Namen seiner Mission, so erzählte Gerst, sei von einer Aufnahme der Raumsonde Cassini inspiriert, die seit 2007 den Gasriesen Saturn umkreist. Am 19. July 2013 machte die Sonde ein Bild von der Nachtseite des Saturn, auf dem man das Ringsystem des Planeten sehen kann. im unteren Bildrand zeigte sich ein kleiner blauer Punkt, unser Heimatplanet Erde.
2009 wurde Alexander Gerst von der ESA, zusammen mit 5 anderen Europäern, aus über 8000 Bewerbern als Astronaut ausgesucht. 2010 begann der 1976 geborene promovierte Geophysiker und Vulkanologe sich auf seine Missionvorzubereiten. 100 verschiedene Experimenten hatte er während seiner 165-tägigen Mission zu betreuen. Darunter auch zahlreiche medizinische Experimente, die er im europäischen Raumlabor Columbus durchführte.
Daneben mußte er auch dafür sorgen, dass verschiedene Versorgungstransporter, wie der Cygnus oder der Dragon-Transporter erfolgreich an der ISS andockten. Anders als das europäische ATV verfügen diese Transporter über keine automatisierte Andocktechnologie.
Im Oktober 2014 stand für Gerst auch ein Außenbordeinsatz auf dem Plan, bei der er mit seinem amerikanischen Kollegen Reid Wiseman eine defekte Kühlpumpe umlagerte und ein neues Kabelsystem für den Greifarm installierte.
Wenn der Außenbordeinsatz auch extrem anstrengend war, so war es für Gerst ein ganz besonderes Erlebnis.
In seiner knappen Freizeit versuchte der sympathische Gerst vor allem Bilder aus der als Cupola bezeichnete Beobachtungkuppel der ISS zu machen. Dabei kamen mehrere Terrabit an Daten zusammen. Eigentlich wollte Alexander Gerst einen Blog schreiben und die Allgemeinheit an seiner Mission teilhaben lassen. Aus Zeitmangel allerdings, teilte er seine Bilder mit kurzen Beschreibungen in den sozialen Medien. Dass er damit die Massen begeisterte, damit rechnete Astro_Alex, wie er sich auf Twitter nannte, nicht.
Es waren beeindruckende Bilder der Erde, die Alexander Gerst nicht nur auf Twitter, sondern auch auf Google+ und Facebook teilte.
Diese Art der Erdbeobachtung der Astronauten sind wichtig für das Verständnis unseres Planeten.
Doch Gerst hatte auch Bilder dabei, die uns nachdenklich stimmen. Aus dem Weltraum, so erzählte er, seien nicht nur die Krisengebiete und Kriegsgebiete deutlich zu sehen, sondern auch wie der Mensch nachhaltig das Antlitz der Erde verändert. Nicht nur, dass die Nachtseite der Erde beleuchtet ist und man die Städte und Ballungszentren anhand der Lichtverschmutzung erkennen kann, nein, man sieht auch die Abholzung der grünen Lunge der Erde, wie er am Beispiel des Amazonas zeigte.
Wie würden wir das wohl einem außerirdischen Besucher erklären, philosophierte Gerst, dass wir unsere Lebensgrundlage zerstören und erntete Applaus.
Nach 165 Tagen im All, 2566 Erdumkreisungen und 110 Millionen zurückgelegten Kilometern kehrte Alexander Gerst wohlbehalten, wenn auch auf sehr sportliche Weise zur Erde zurück, wie er erzählte. Der Eintritt in die Erdatmosphäre ist äußerst anstrengend für die Astronauten. Die Kapsel bremst durch Reibung an der Lufthülle, dass er als Flammenhülle aus seinem Fenster sah. Mehrere Minuten lang müssen die Raumfahrer mehrfache Erdbeschleunigung aushalten. Danach schließt sich ein gut 10 minütiger Flug am Fallschirm an, bis dann kurz vor dem Aufschlag auf der Oberfläche die Bremsraketen kurz zünden und somit ein “sanfte” Landung, nach russischer Art ermöglichen. Eigentlich sollte dann alles gut sein. Aber der Wind zog noch mal am Fallschirm und legte die Kapsel auf die Seite. Gerst, der nun ganz unten lag und von Handschuhen, Bordbüchern etc. begraben wurde, war froh, wie er ausplauderte, dass sein Kollege Reid Wiseman wohl nur zum Spaß sagte, dass im schlecht würde.
Es war ein sehr schöner und unterhaltsamer Vortrag von Alexander Gerst, der auch gut zu dem vorhergegangenen Vortrag von Professor Michael Rust von der ESA, der über die Erdbeobachtung der ESA berichtete und zeigte wie sich die Umweltbedingungen auf der Erde ändern wird um einer immer größeren Erdbevölkerung Platz zu bieten und sie zu ernähren und welche Chancen die Erdbeobachtung aus dem Weltraum bieten.
In der Raumfahrtausstellung im Technik-Museum in Speyer entsteht derzeit eine neue Ausstellung über die deutschen Raumfahrer, zu der Alexander Gerst ein Ausstellungsstück mitbrachte. Seinen Raumfahrer-Anzug, den er an Bord der ISS trug und an Gerhard Daum, dem Leiter der Raumfahrtausstellung übergab.
Nachtrag: Diplombiologin Bettina Wurche hat in ihrem Blog Meertext einen schönen Bericht über den Vortrag von Alexander Gerst geschrieben.
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